- geographische Herkunftsangaben
- Angaben, die der Individualisierung einer Ware im Verkehr dienen, indem sie nicht auf die betriebliche, sondern auf die geographische Herkunft hinweisen. Sofern der Verkehr mit der betroffenen Ware besondere Preis- oder Gütevorstellungen verbindet, spricht man von qualifizierten Herkunftsangaben (Ursprungsbezeichnungen).- 1. Rechtsgrundlagen: Der Schutz g.H. wurde bis zum Inkrafttreten des MarkenG im Wesentlichen durch das Verbot der ⇡ irreführenden Werbung (§ 5 UWG) sichergestellt und ist nunmehr in §§ 126 ff. MarkenG geregelt, der ausländische g.H. ebenso schützt wie inländische. Daneben finden bilaterale Abkommen Anwendung (Frankreich, Italien, Griechenland, Schweiz, Spanien, Österreich), die die zu schützenden g.H. als Anlagen enthalten und deren Benutzung im Schutzstaat nur nach Maßgabe des Rechts des Ursprungslandes zulässig ist. Die Abkommen geben bei Verletzungsfällen Unterlassungsansprüche und regeln die ⇡ Klagebefugnis von Verbänden. Neben den bilateralen Abkommen verpflichtet die PVÜ (⇡ Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums) zur Beschlagnahme von Waren mit irreführenden Herkunftsangaben (Art. 10 ff.), entsprechende Regelungen enthält das mehrfach revidierte Madrider Herkunftsabkommen vom 14.4.1891.- 2. Grundzüge/Rechtsschutz: Als g.H. genießen die Namen von Orten, Gegenden, und Ländern sowie sonstige Angaben oder Kennzeichen Schutz, die zur Kennzeichnung der Herkunft von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, sofern es sich bei ihnen nicht um ⇡ Gattungsangaben handelt, die ihre Eignung, auf die Herkunft hinzuweisen, verloren haben (§ 126 MarkenG). G.H. können z.B. Städte- und Ländernamen (auch in adjektivischer Verwendung), aber auch Landesfarben oder sonstige Kennzeichnungen wie die Abbildung berühmter Gebäude, Volkstrachten oder eine charakteristische Warenaufmachung wie z.B. die Bocksbeutelflasche sein (mittelbare geographische Herkunftsangabe). Derartige g.H. werden gegen ihre Verwendung für Waren oder Dienstleistungen geschützt, die nicht aus dem mit der g.H. bezeichneten Ort oder der Region kommen. Bei Ursprungsbezeichnungen bezieht sich der Schutz auch auf die Beschaffenheit der entsprechend gekennzeichneten Ware, so dass eine Ursprungsbezeichnung nicht benutzt werden darf, wenn die Ware oder Dienstleistung zwar aus dem Ort oder der Gegend stammt, mit dem sie gekennzeichnet ist, aber nicht die mit der Ursprungsbezeichnung verbundene Beschaffenheit aufweist. Ob eine g.H. vorliegt, entscheidet die Verkehrsauffassung, bei inländischen g.H. die inländische, bei ausländischen g.H. die Verkaufsauffassung des Herkunftslandes (importierte Verkehrsauffassung). Da die Verkehrsauffassung entscheidet, kann eine g.H. auch auf eine Gruppe von Herstellern hinweisen und darf dann nur von den zu dieser Gruppe gehörenden Unternehmen benutzt werden. Die Entwicklung zu einer betrieblichen Herkunftsangabe nur eines Herstellers ist möglich, die Angabe wird dann aber nur über § 5 UWG gegen irreführende Verwendung geschützt, wenn sich mit ihr besondere Gütevorstellungen verbinden (qualifizierte betriebliche Herkunftsangabe). Da die Verkehrsauffassung entscheidet, ist auch ein Wandel der Verkehrsauffassung möglich, so dass sich eine g.H. zur ⇡ Gattungsangabe entwickeln kann und umgekehrt. Die Umwandlung zur Gattungsangabe ist erst vollzogen, wenn nur noch ein ganz unbeachtlicher Teil des Verkehrs in der Angabe eine g.H. erkennt; bis dahin gilt die Vermutung, dass eine Ortsangabe, die als solche erkennbar ist, regelmäßig für den Verkehr eine g.H. ist. Eine Gattungsangabe wird zur g.H., wenn der überwiegende Teil in ihr wieder einen Hinweis auf die geographische Herkunft sieht (mehr als 50 Prozent). Unzutreffende g.H. können durch aufklärende Hinweise (entlokalisierende Zusätze) ihren irreführenden Charakter verlieren, umgekehrt können Gattungsbezeichnungen, ohne sich zur g.H. zurückentwickelt zu haben, durch relokalisierende Zusätze eine geographische Herkunftsangabe sein, z.B. durch die Bezeichnung als „echt“, „Original“, Verwendung von Landesfarben etc. Im Einzelnen hat sich eine umfassende Kasuistik nach Maßgabe der jeweiligen Umstände des Einzelfalls gebildet, wobei die allgemeinen Grundsätze über irreführende Werbung zur Anwendung kommen (§ 127 MarkenG, ⇡ irreführende Werbung).- Für die Kennzeichnung von Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln gelten die EG-Richtlinie 79/112 vom 18.12.1978, die (ausgenommen für Weinbauerzeugnisse und alkoholische Getränke) durch die Verordnung/EWG 2081/92 vom 14.7.1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel ergänzt wird und durch die §§ 130–136 MarkenG mit dem nationalen Recht verbunden worden ist. Schutzgegenstand ist der Name einer Gegend oder eines Ortes zur Bezeichnung von Agrarerzeugnissen oder Lebensmitteln, sofern sich mit ihrer Herkunft Gütevorstellungen oder bestimmte Eigenschaften verbinden. Der Erwerb des Schutzes setzt die Eintragung in ein von der Europäischen Kommission geführtes Register voraus (Art. 6 der Verordnung), der Antrag ist beim ⇡ Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) einzureichen (§ 130 MarkenG). Gegen die beabsichtigte Eintragung kann jeder Mitgliedstaat Einspruch einlegen (Art. 7 der Verordnung). In Verletzungsfällen bestehen Unterlassungsansprüche, die auch von den nach § 13 II UWG Klagebefugten geltend gemacht werden können (⇡ Klagebefugnis), ferner bei schuldhafter Verletzung Schadensersatzansprüche (§§ 128, 135 MarkenG).- Verjährung: § 20 MarkenG.- Strafvorschriften: §§ 144, 145 MarkenG.
Lexikon der Economics. 2013.